DEZ 2023 . Zwischen den quartalsweise erscheinenden Ausgaben haben wir - von SocialMedia-Posts einmal abgesehen - bislang keine Artikel veröffentlicht, weil wir mit unserem Stadtmagazin eher auf langfristige Themen und Entwicklungen in der Region Rostock orientieren. Wir haben allerdings immer wieder mal feststellen müssen, dass das - auch wegen der konkreten Rolle der regionalen Tageszeitungen und Monatsmagazine - mitunter problematisch ist, weil aktuelle Themen nicht bearbeitet werden oder es zu kontroversen bzw. komplexen Themen keinen ausreichenden Diskurs gibt.
Die Rostocker Bürgerschaft hatte 2018, also vor der Corona-Epidemie, vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine, vor dem Terror der Hamas gegen Israel (sowie dessen Vergeltungsschläge im Gaza-Streifen), vor den immer stärker zutage tretenden Auswirkungen der Klimakrise, vor Inflation und Energiepreisexplosion die Errichtung eines neuen Theatergebäudes beschlossen. Damals waren die Kosten dafür auf 110 Mio Euro begrenzt, der Bürgerschaftsbeschluss vom November 2023 ermöglicht eine mehr als doppelt so hohe Finanzierung, auch dank eines Verkaufs von Grundstücken in vielen verschiedenen Rostocker Stadtteilen. Die Stadt hat sich also dazu bekannt, dass diese Facette des Kulturlebens eine der finanziellen Schwergewichte des nächsten Jahrzehnts werden soll.
Was fehlt, aber angesichts dieser Tragweite aus unserer Sicht dringend notwendig ist, ist ein fundierter, konstruktiver Austausch darüber, was das Theater, in gewissem Sinne auch in Kompensation dieses Kraftaktes und um das Fehlen des Budgets für andere Ausgaben plausibel zu machen, der Stadt zurückgeben sollte: Welchen Beitrag zum Kulturleben kann und sollte es zukünftig leisten? Wie erreicht es, stärker als bisher, auch jene Stadtteile und Zielgruppen, die aktuell kaum Berührungspunkte mit dem Theater haben. Wie bringt es sich in städtische Debatten ein, wie wird es zum Treiber des Kulturlebens der Hanse- und Universitätsstadt?
Unsere Autorin Antje Jonas, langjährige Vorsitzende des Theaterfördervereins, hatte in ihrem in Ausgabe 113 veröffentlichten Beitrag "Den Vorhang zu und alle Fragen offen - Wohin gehst du, Volkstheater Rostock?" versucht, einen ersten Beitrag zu dieser überfälligen Debatte zu leisten. Den Artikel finden Sie zum Nachlesen noch einmal anbei: Artikel als PDF (320 kB).
Wir verstehen diesen Text als Auftakt für ein gemeinsames, konstruktives, kulturaffines, aber auch andere Bedarfe im Blick behaltendes Nachdenken. Und möchten Sie hiermit ermutigen, sich an der Diskussion zum Thema beteiligen. Schreiben Sie uns Ihre Meinung per E-Mail an redaktion@stadtgespraeche-rostock.de oder in das untenstehende Formular. Wir veröffentlichen die Beiträge nach kurzer Prüfung, die sich lediglich auf Wahrung der Netiquette und die inhaltliche Relevanz bezieht, aber keine Meinungskontrolle vornimmt.
Anonym 1 15.01.2024
Ahoi liebe Redaktion, anbei ein paar Gedanken zum Theater. Wer abends auf dem Weg in den Nordwesten zufällig die "Theater-Vorstellungsende-Straßenbahn" erwischt, weiß, daß es allerspätestens ab Haltestelle Rahnstädter Weg wieder leer wird. Überquert die Bahn dann die Stadtautobahn, ist die Welt vielleicht eine andere. Vom Nordwesten aus gesehen ist "die Stadt" weit weg.
"Theater, das hat ja mit uns nichts zu tun."
"Fahrkarten, Eintrittskarten? Da hab ich kein Geld für."
"Dat is nix für uns."
"Ich war mal mit der Schule da. Vor zwanzig Jahren oder so."
Das Thema Theater-Neubau löst allenfalls ein Schulterzucken, kein Stadt(teil)gespräch aus - da haben wir "jetzt kein' Kopp für". Es ist und bleibt "in der Stadt" und irgendwie doch eher "für die feinen Leute". Natürlich kann ich nur für mich und die Menschen in meinem Umfeld, mit denen ich mich unterhalten habe, sprechen. In einem dieser Instagram-Posts mit Zitaten von Theater-Neubau-Unterstützer*innen geht es um den Begriff "'Volks'theater" und dass es einer der wenigen Orte für alle sei - das hat sofort mehrere Reaktionen bei mir ausgelöst: wenn ich an "Orte für alle" denke, fällt mir das Theater nicht ein. Wäre schön, wenn das anders wäre. Wird es aber nicht, weil ja, selbst wenn der Neubau fertig ist, wohl immer noch Kapitalismus sein wird.
Hallo und vielen Dank für den tollen Artikel. Ich finde den Gedanken von Frau Jonas zu einem zeitgemäßen Theater Angebot ganz toll. Warum für das Geld nicht die bestehenden Spielorte ertüchtigen und auf den schnöden Neubau verzichten. Das Geld ist in Investitionen für das Allgemeinwohl und die Transformation der Stadt besser aufgehoben. Die Stadt benötigt dringend frische und zukunftsweisende Kriterien, um darüber zu befinden, wie das Geld der Menschen sinnstiftend angelegt wird.